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Vorfälligkeitsentschädigung

Wenn ein Kunde vorzeitig sein vor Jahren aufgenommenes Immobiliendarlehen kündigt, verlangt die Bank häufig eine recht hohe Vorfälligkeitsentschädigung. Vielen Kreditnehmern ist aber nicht bewusst, dass sie in vielen Fällen gar keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen - nämlich dann, wenn die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag falsch war. Und dies war gar nicht selten der Fall: Die Verbraucherzentrale Hamburg hat nach Überprüfung von 300 Kreditverträgen vor wenigen Monaten festgestellt, dass „mehr als zwei Drittel der Widerrufsbelehrungen in Immobiliendarlehensverträgen fehlerhaft und damit unwirksam“ sind.

Bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung können Bankkunden die einmal gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern. Darüber hinaus können aktuell noch laufende Baudarlehen widerrufen werden, ohne Pflicht zur Vorfälligkeitsentschädigung. Darlehensnehmer haben so die Chance, den Altvertrag durch einen neuen Darlehensvertrag - zu heute deutlich niedrigeren Zinsen - abzulösen.

Normalerweise ist das wegen der Vorfälligkeitsentschädigung teuer.

Fällt diese aber wegen einer falschen Widerrufsbelehrung gar nicht an, so kann der Kunde durch eine solche Umschuldung viel Geld sparen. Der Zinsunterschied zum Beispiel zwischen 2008 und heute in Höhe von rund zwei Prozentpunkten ergibt bei einem 200.000-Euro-Darlehen eine Ersparnis von jährlich 4.000 Euro. Während die extreme Niedrigzinsphase auf absehbare Zeit zu Ende gehen wird, besteht für Baudarlehensnehmer zurzeit noch die Chance auf sehr günstige Konditionen.

Verschiedene Banken und Sparkassen hatten in der Vergangenheit standardisierte Mustertexte zur Widerrufsbelehrung verwendet, die aufgrund der Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht der gesetzlichen Regelung entsprachen. Durch das Wort „frühestens“ sei nicht eindeutig erkennbar, wann die Widerrufsfrist beginne. Das erzeuge Unklarheit und suggeriere dem Darlehensnehmer fälschlicherweise, die Frist könne eventuell auch später beginnen, so die Rechtsprechung. Wegen dieser Unklarheit sei die Widerrufsbelehrung fehlerhaft.

Deshalb sei die Widerrufsfrist gar nicht erst angelaufen. Grundlage in der Rechtsprechung ist ein BGH-Entscheid vom 28. Juni 2011 (Aktenzeichen XI ZR 349/10); und speziell zur Vorfälligkeitsentschädigung: OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 (Aktenzeichen 4 U 194/11). Obwohl diese Entscheidungen schon eine Weile zurückliegen, wissen viele Kreditkunden noch nichts von diesem Recht.

Änderungen am Musterformular heben die Schutzwirkung auf.

Bei der Verwendung des Musterformulars zur Widerrufsbelehrung kann sich die Bank normalerweise auf die Schutzwirkung des § 14 Absatz 1 Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) berufen. Das geht aber nur, wenn sie das Musterformular inhaltlich wie auch in der äußeren Gestaltung eins zu eins übernimmt. Wenn sie den Mustertext aber an mehreren Stellen ändert, wie dies in der Praxis häufig geschehen ist, hebt sie die Schutzwirkung des Mustertextes auf. Aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen ist bis heute in vielen Baudarlehensverträgen die Widerrufsfrist nicht angelaufen – und somit eine Kündigung vor Ablauf der Zinsbindung möglich, ohne zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung an das Kreditinstitut verpflichtet zu sein.