Vom Experten gut beraten

Falschberatung III

Der Kauf einer eigen- oder fremdgenutzten Immobilie gilt immer noch als eine der sichersten Anlageformen, auch zur Sicherung der Altersvorsorge.  Wer allerdings keine eigene Immobilie kaufen oder bauen möchte, dem wurde von seiner Bank häufig die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds empfohlen. Es wurde argumentiert, dass  auch ein Immobilienfonds eine Sachwertanlage sei, da die Fondsgesellschaft in eine Immobilie investiere. Mit der Investition in einen Immobilienfonds könne man auch dann noch eine gute Rendite erzielen, wenn es mit den Börsenkursen bergab gehe. Nicht außer Acht lassen sollte der Anleger nach den Aussagen der Bank auch die Tatsache, dass durch eine Beteiligung in geschlossene Immobilienfonds eine Erbschaftssteuer-Ersparnis erzielt werden kann. Steuerorientierten Anlegern wurden häufig Schiffs- oder Filmfonds empfohlen.

Den Anlegern wurde allerdings in den Beratungsgesprächen häufig verschwiegen, dass es sich bei der Investition in einen geschlossenen Fonds um eine unternehmerische Beteiligungen handelt. Diese ist mit hohem Risiken bis hin zum Totalverlustrisikos der Einlage oder der Haftung mit dem Privatvermögen verbunden.

Wenn der Kunde seine Bank um Beratung über die Anlage eines Geldbetrages bittet oder wenn die Bank von sich aus für die Anlage eines Geldbetrages ein Produkt empfiehlt, kommt ein Beratungsvertrag zustande. Der Anlageberater schuldet eine anleger- und anlagegerechte Beratung.

Anlegergerechte Beratung

Die Beratung hat sich grundsätzlich nach dem Anlageziel des jeweiligen Anlegers auszurichten. Dabei hat der Berater konkret auch danach zu forschen, zu welchem Zweck investiert werden soll und welche konkrete Risikobereitschaft besteht. So dürfen konservativen, risikoscheuen Anlegern keine spekulativen Kapitalanlagen wie etwa geschlossene Fonds empfohlen werden.

Auch wer ein Investment zur Altersvorsorge sucht, dem dürfen keine geschlossenen Fonds empfohlen werden dürfen, da es für den möglichen Verlust des eingesetzten Kapitals keine Absicherung wie z. B. einen Einlagensicherungsfonds gibt. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass sich eine Bank schadenersatzpflichtig macht, wenn sie einem Kunden, der eine sichere und zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage sucht, eine Anlage in geschlossene Fonds empfiehlt.

Anlagegerechte Beratung

Zur anlage- bzw. objektgerechten Beratung gehört insbesondere die Aufklärung über das bestehende Risiko der Kapitalanlage, insbesondere dem Totalverlustrisiko. Zu berücksichtigen sind sowohl der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden. Aber auch die allgemeinen Risikensind zu beachten, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben.Der Anleger muss auch darüber informiert werden, dass Beteiligungen an geschlossenen Fonds vor dem Ablauf von 10 bis 15 Jahren nicht gekündigt werden können. Diese sind auf dem Zweitmarkt nur eingeschränkt handelbar und daher im Notfall praktisch nicht veräußerbar. Häufig wurden Beteiligungen an geschlossenen Fonds als „absolut sichere Geldanlage" empfohlen. Die tatsächlich nur prognostizierte Ausschüttung wurde als feste Verzinsung dargestellt.

Über das Risiko von Mietausfällen und Leerständen oder Charterausfällen und beschäftigungslosen Zeiten und daraus folgend geringerer Auszahlungen, als prognostiziert wurde in vielen Fällen nicht informiert. Auch über die Möglichkeit des Wertverlustes der Immobilie oder des Schiffes durch Marktschwankungen wurde oftmals nicht aufgeklärt. Bei Filmfonds wurde häufig nicht darauf hingewiesen, dass die steuerlichen Konzepte nicht abgesichert waren. Prospekte müssen nach der Rechtsprechung so rechtzeitig vor dem Beratungsgespräch überlassen werden, dass der Anleger sie noch Gelegenheit hat, sich vor Vertragsschluss aus dem Prospekt über die Risiken der Anlage zu informieren. In vielen Fällen wurde der Prospekt aber erst im Beratungsgespräch, danach oder sogar gar nicht übergeben.

Provisionen und Rückvergütungen

Auch wegen verschwiegener Provisionen („Kick-Backs“) und Rückvergütungen aus dem Anlegerkapital können Anleger geschlossener Fonds Schadenersatzansprüche gegen die beratende Bank geltend machen. Der BGH hatte seit dem Jahr 2000 mit einer Vielzahl von Entscheidungen festgestellt, dass Banken ihre Kunden über die an sie für die Vermittlung von Beteiligungen an geschlossenen Fonds fließenden Provisionen und Rückvergütungen aufklären müssen. Diese Rechtsprechung gilt für alle Arten von geschlossenen Fonds.

Die Bank hat zu beweisen, dass sie die unterlassene Aufklärung über die an sie fließenden Vergütungen nicht zu vertreten hat. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Dies bedeutet, dass die aufklärungspflichtige Bank beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also die unterlassene Aufklärung unbeachtet gelassen hätte.

Ein bankenunabhängiger, freier Anlageberater ist nicht ungefragt zur Aufklärung über Vergütungen verpflichtet, solange diese weniger als 15 % betragen. Bei freien Vermittlern liegt es laut BGH auf der Hand, dass diese bei kostenloser Beratung vom Produktanbieter eine Vergütung erhalten. Wird der Berater allerdings gefragt, muss er über die Vergütung des Produktgebers wahrheitsgemäß informieren. Das Bundesverfassungsgericht hat mittlerweile die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung von Provisionen bestätigt. Eine Bank hatte gegen zwei Beschlüsse des BGH Verfassungsbeschwerde erhoben. Daraufhin hatte das Bundesverfassungsgericht mit Nichtannahmebeschluss die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt, nach der Banken ihren Kunden ungefragt offenlegen müssen, ob und in welcher Höhe sie für die Vermittlung von geschlossenen Fonds (Immobilienfonds, Schiffsfonds, Medienfonds) Provisionen („Kick-Backs“) erhalten.

Das Bundesverfassungsgericht sah in der Aufklärungspflicht keinen Verstoß in der Berufsausübungsfreiheit der aufklärungspflichtigen Bank nach Art. 12 Abs. 1 GG, da auf Grund der Rechtsprechungspraxis des BGH kein Vertrauensschutz geboten sei. Auch im Hinblick auf die anderweitige Entscheidungspraxis gegen sog. freie Finanzberater liege keine Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.  Die Kunden hatten typischerweise eine unterschiedliche Erwartungshaltung gegenüber einer  Bank  und  einem freien,  nicht  an  eine  Bank gebundenen Anlageberater.

Rückabwicklung der Beteiligung

Im Falle der Verletzung der vorgenannten Aufklärungspflichten ist der Anleger so zu stellen, als wäre er die Beteiligung nicht eingegangen. Er erhält das an die Fondsgesellschaft gezahlte Geld Zug um Zug gegen Übertragung des Fonds-Anteils zurück. Erhaltene Ausschüttungen muss er sich allerdings anrechnen lassen.Zu beachten ist allerdings die Verjährung der Ansprüche aus Falschberatung. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt der Falschberatung und nicht erst mit der wirtschaftlichen Fehlentwicklung des Fonds.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte von den, den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.  Die endgültige Verjährung tritt gemäß § 199 Abs. 3 BGB taggenau zehn Jahre nach der Falschberatung ein und nicht erst am Jahresende.

Empfehlung

Anleger, die bei der Vermittlung einer Fondsbeteiligung nicht anleger- und anlagegerecht beraten oder nicht über die an die Bank geflossene Provision aufgeklärt worden sind, sollten Ihre Beteiligung von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen und ggf. Schadenersatz in Gestalt der Rückabwicklung der Beteiligung fordern.