Vom Experten gut beraten

Abstand

Der Gesetzgeber macht in § 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) keine konkreten Angaben dazu, wie lange eine Abstandsunterschreitung andauern muss, um eine Ordnungswidrigkeit zu begründen. Auch die Rechtsprechung ist in dieser Hinsicht nicht einheitlich. Selbst wenn vereinzelt längere Fahrstrecken diskutiert werden, wird eine Strecke von mehr als 150 Metern bei „sicheren Messverfahren“, zum Beispiel standardisierte Messungen von einer Autobahnbrücke, regelmäßig als ausreichend angesehen. Auch der Bundesgerichtshof macht in dieser Hinsicht keine klaren Vorgaben.

So wird beim Abstand lediglich eine „nicht ganz vorübergehende“ Unterschreitung verlangt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 30. August 2012 festgestellt, dass auch ein zu geringer Abstand über eine Fahrtstrecke von nur 150 Metern zur Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit führen kann (Aktenzeichen: III-1 RBs 122/12). Dem Beschluss lag ein Fall zu Grunde, in dem der betroffene Autofahrer bei einer Geschwindigkeit von 155 km/h über eben diese Distanz den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug unterschritten hatte. Da die Messung in einem standardisierten Verfahren durchgeführt und bereits durch das Amtsgericht ein vorheriger Spurwechsel des Vorausfahrenden ausgeschlossen worden war, drang der Betroffene mit seiner Argumentation, ein Abstandsverstoß müsse über eine Strecke von mindestens 200 bis 300 Metern vorliegen, nicht durch.

Auch ohne Tempolimit ist die Autobahn keine Rennstrecke.

Wer die Spur wegen zu geringem Abstand wechselt oder überholen möchte und dabei einen Unfall verursacht muss in voller Höhe für den Schaden aufkommen, es sei denn er kommt auf der Autobahn einem Raser in die Quere. Wer dort die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschreitet, muss sich trotz des Fahrfehlers eines Spurwechslers eine Haftung mit anrechnen lassen. Die Haftung richtet sich danach, wie hoch die Überschreitung war und wie sehr der Spurwechsler von dem heranrasenden Fahrzeug überrascht wurde.

Das OLG Oldenburg musste über den Unfallschaden an einem Sportwagen entscheiden, der mit mindestens 200 km/h und möglicherweise sogar mit 280 km/h auf der linken Spur unterwegs war. Er krachte in einen Kleinwagen, als dieser mit Tempo 130 ein langsameres Fahrzeug überholen wollte. Die Entscheidung: Der total beschädigte Sportwagen muss von der Versicherung des Spurwechslers nur zu einem Drittel erstattet werden (Aktenzeichen: 3 U 69/11).

Verboten ist es nicht, mit einer hohen Geschwindigkeit auf der Autobahn zu fahren. Doch die überhöhte Geschwindigkeit erhöht die Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer, weshalb die Richter die Schuld auch zu zwei Dritteln bei dem Sportwagenfahrer sahen.