Vom Experten gut beraten

Bundesfinanzhof akzeptiert Vorschaltmodell bei der Pkw-Vermietung an Ehegatten

Leitsätze des aktuellen BFH-Urteils

  1. Der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Überlassung an den freiberuflich tätigen Ehegatten kann eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit begründen.
  2. Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines Pkw ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehegatten jedenfalls für die Vermietung von Pkw, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen.
  3. Einer Besteuerung der privaten Verwendung des vermieteten Pkw durch den Vermieter-Ehegatten steht eine vertraglich geregelte Vollvermietung an den anderen Ehegatten nicht entgegen.

Vorsteuerabzug setzt wirtschaftliche Tätigkeit voraus

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Der Unternehmer ist danach zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt.

Nach Auffassung des BFH wird der vermietende Ehegatte mit der vertraglich vereinbarten Nutzungsüberlassung des Pkw an seinen Ehepartner als Unternehmer tätig.

Zur Begründung heißt es: Um zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, hat der Unternehmer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Es muss sich dabei um eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie handeln.

Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nichtkörperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. Der Begriff erfasst die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis. Eine Tätigkeit ist wirtschaftlich, wenn sie nachhaltig erfolgt und gegen ein Entgelt ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt.

Wird ein Gegenstand vermietet, der – wie ein Pkw – seiner Art nach sowohl für wirtschaftliche als auch für private Zwecke verwendet werden kann, sind dabei alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet. Dabei sind für die Prüfung, ob der Gegenstand zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird, die Umstände, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, mit den Umständen zu vergleichen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls gehören und bei der Prüfung berücksichtigt werden können, sind die tatsächliche Dauer der Vermietung des Gegenstands, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen.

Im Streitfall erbrachte die Ehefrau und Klägerin durch die langfristige Nutzungsüberlassung des Pkw an ihren Ehemann auf der Grundlage eines Leasingvertrags dauerhaft sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG. Die unternehmerische Betätigung war nicht von zu geringer Intensität, da sie die Anschaffung des Pkw aus eigenen Mitteln vorgenommen und damit das für die Selbständigkeit charakteristische Unternehmerrisiko getragen habe.

Unschädlich ist – so der fünfte Senat des BFH –, dass die Klägerin nicht am allgemeinen Markt tätig wurde, sondern Leasingleistungen lediglich an ihren Ehegatten als (einzigen) Kunden erbrachte. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des höchsten deutschen Steuergerichts, nach der ein Gesellschafter einen Pkw an seine Gesellschaft als Unternehmer vermieten kann, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob er diese Leistung am Markt auch gegenüber Dritten erbringen würde. Auch die Finanzverwaltung vertrete diese Auffassung im Umsatzsteuer-Anwendungserlass.

Unproblematisch sei auch das Fehlen eines Geschäftslokals. Das Unterhalten eines Geschäftslokals oder Büros gehöre zwar zu den Indizien, die für eine unternehmerische Tätigkeit sprechen. Allein das Fehlen eines Geschäftslokals oder Büros führe aber im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht zur Verneinung der wirtschaftlichen Tätigkeit.

Scheingeschäft liegt nicht vor

Scheingeschäfte sind nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO für die Besteuerung unerheblich. Der Begriff des Scheingeschäfts entspricht der Definition in § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Ein Scheingeschäft liegt danach vor, wenn die Vertragspartner einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen aber nicht eintreten lassen wollen.

Ein Scheingeschäft ist im Streitfall zu verneinen, da der Mietvertrag mit dem (als Arzt tätigen) Ehegatten hinsichtlich seiner Hauptpflichten und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Die Klägerin hatte ihrem Ehemann den Pkw entsprechend der getroffenen Vereinbarung zur Nutzung überlassen und dieser hatte die Miete monatlich gezahlt.

Als unbeachtlich hat der BFH den Einwand des Finanzamts angesehen, dass die Überlassung des Fahrzeugs zur Nutzung durch den Ehemann auf familienrechtlicher Grundlage als Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erfolgte. Ehegatten sind zwar nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Insoweit charakterisiert eine Zuwendung, die ein Ehegatte ohne besondere Vereinbarung dem anderen Ehegatten macht, dass sie einen Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft darstellt. Im Streitfall beruhte die Pkw-Überlassung aber demgegenüber mit dem Mietvertrag auf einer besonderen Vereinbarung. Die Parteien hätten die Pkw-Überlassung aus den familienrechtlichen Beziehungen herausgehoben und durch Abschluss eines (entgeltlichen) Mietvertrags auf eine besondere schuldrechtliche Grundlage gestellt.

Keine missbräuchliche Gestaltung im Sinne von § 42 AO

Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs beruht nach der erfreulichen Auffassung des BFH nicht auf einer missbräuchlichen Gestaltung im Sinne von § 42 AO.

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordere zum einen, dass die fraglichen Umsätze einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen müsse aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.

Tipp: Der vollständige Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des vermieteten Pkw ist laut der steuerzahlerfreundlichen Entscheidung des BFH nicht systemwidrig. Der Systematik des Vorsteuerabzugs entspricht es, dass der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er steuerpflichtige Ausgangsumsätze tätigt oder zu tätigen beabsichtigt. Im Hinblick darauf, dass zu Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit im Regelfall erhebliche Anschaffungen (Investitionen) erforderlich sind, während noch keine oder geringe Ausgangsumsätze getätigt werden, liegt ein Vorsteuerüberhang in der Anfangsphase in der Natur der Sache. Dies gilt insbesondere in Vermietungsfällen. Die Klägerin unterscheidet sich von einem gewerblichen Leasingunternehmen nur insoweit, als sie lediglich einem Leistungsempfänger gegenüber tätig wird und zu diesem in einem durch die Ehe begründeten Näheverhältnis steht.

Etwas anderes folge nicht aus der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Vorschaltung des Ehegatten bei der Vermietung von einzelnen Gegenständen. Hier hat der BFH für die Frage eines Rechtsmissbrauchs stets für entscheidend gehalten, ob der Vermieter-Ehegatte die Mittel für den Erwerb und den Unterhalt des Mietobjekts in einem überschaubaren Zeitraum aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen leisten kann. Danach liegt bei einem finanziell unabhängigen Vermieter-Ehegatten selbst dann kein Rechtsmissbrauch vor, wenn dessen Vorschaltung den Vorsteuerabzug erst ermöglicht, weil der Ehegatte als Nichtunternehmer oder als Unternehmer mit steuerbefreiten Umsätzen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Auch insoweit liegt im Streitfall nach Meinung des BFH keine unangemessene Gestaltung vor. Denn die Klägerin hat ihre Vermieterstellung unstreitig aus eigener finanzieller Kraft wahrgenommen, da sie finanziell von ihrem Ehegatten unabhängig ist und den Pkw aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen erworben hat. Der Vermieter-Ehegatte sei tatsächlich unternehmerisch tätig geworden, da er aufgrund seiner finanziellen Unabhängigkeit seine wirtschaftlichen Entscheidungen frei trifft und insoweit auch selbst das unternehmerische Risiko trägt.

Gestaltungsüberlegungen zur Steueroptimierung

Das Ehegatten-Vorschaltmodell eröffnet bei Unternehmern, die nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind (wie zum Beispiel bei Ärzten), erhebliche Steuerspar-Chanden. Der Vorteil des Modells besteht dabei nicht nur in der Generierung eines ansonsten ausgeschlossenen Vorsteuerabzugs bei der Umsatzsteuer. Erfolgt eine spätere Veräußerung erst nach sechs Jahren, kann auch die ansonsten anfallende Umsatzsteuer auf der Seite dies vermietenden Ehegatten eingespart werden.

Tipp: Zudem kann ertragsteuerlich die Aufdeckung von stillen Reserven bei dem Verkauf eines Pkw vermieden werden, bei gleichzeitiger Geltendmachung von Betriebsausgaben. Dadurch ergibt sich bei der Einkommensteuer ein effektiver Vorteil.

Der Nachteil der Gestaltung liegt darin, dass die vorgeschaltete Person erweiterten steuerlichen Verpflichtungen nachkommen muss. Sie muss insbesondere eine eigene Einkünfteermittlung nebst Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt einreichen.