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Steuerliche Berücksichtigung von Pflegekindern setzt familienähnliches Band voraus

So müssen die Pflegekinder mit den Pflegeeltern (beziehungsweise mit dem Pflegevater oder mit der Pflegemutter) durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band verbunden und außerdem in den Haushalt aufgenommen sein. Weitere Voraussetzung ist, dass ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht und die Haushaltsaufnahme nicht zu Erwerbszwecken erfolgt.

Aufnahme in den Haushalt der Pflegeeltern

Ein Kind, das sich wechselweise bei der Pflegeperson und bei seinen leiblichen Eltern aufhält, ist nicht in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen.

Tipp: Bei Pflegekindern mit Behinderung wird jedoch durch eine vollstationäre Unterbringung die Haushaltsaufnahme nicht beendet.

Familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band

Ein familienähnliches Band wird von der Finanzverwaltung dann allgemein angenommen, wenn zwischen der Pflegeperson und dem Kind ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis wie zwischen Eltern und leiblichem Kind besteht. Es kommt nicht darauf an, ob die Pflegeeltern die Personensorge innehaben.

Die erforderliche familienähnliche Bindung muss von vornherein auf mehrere Jahre angelegt sein. Maßgebend ist nicht die tatsächliche Dauer der Bindung, wie sie sich aus rückschauender Betrachtung darstellt, sondern vielmehr die Dauer, die der Bindung nach dem Willen der Beteiligten bei der Aufnahme des Kindes zugedacht ist.

Tipp: Bei einer von den Beteiligten beabsichtigten Dauer von mindestens zwei Jahren kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne des Einkommensteuergesetzes begründet worden ist. Das Gleiche gilt, wenn ein Kind mit dem Ziel der Annahme als Kind in Pflege genommen wird.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann ein familienähnliches Band sogar noch begründet werden, wenn ein Kind kurz vor Eintritt der Volljährigkeit in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen wird.

Die Aufnahme einer volljährigen Person, insbesondere eines volljährigen Familienangehörigen, in den Haushalt und die Sorge für diese Person begründet allerdings für sich allein regelmäßig kein Pflegekindschaftsverhältnis, selbst wenn es sich um eine Person mit Behinderung handelt.

Tipp: Wenn es sich bei der Person jedoch um einen Menschen mit schwerer geistiger oder seelischer Behinderung handelt, der in seiner geistigen Entwicklung einem Kind gleichsteht, kann ein Pflegekindschaftsverhältnis unabhängig vom Alter dieser Person und der Pflegeeltern begründet werden.

Die Wohn- und Lebensverhältnisse der Person mit Behinderung müssen den Verhältnissen leiblicher Kinder vergleichbar sein und eine Zugehörigkeit dieser Person zur Familie widerspiegeln, außerdem muss ein dem Eltern-Kind-Verhältnis vergleichbares Erziehungsverhältnis bestehen.

Tipp: Anhaltspunkt für das Vorliegen einer familienähnlichen Bindung kann eine vom Jugendamt erteilte Pflegeerlaubnis sein. Sie ist jedoch nicht in jedem Fall vorgeschrieben, zum Beispiel dann nicht, wenn das Kind der Pflegeperson vom Jugendamt vermittelt worden ist, wenn Pflegekind und Pflegeperson miteinander verwandt oder verschwägert sind, oder wenn es sich um eine nicht gewerbsmäßige Tagespflege handelt.

Wird eine amtliche Pflegeerlaubnis abgelehnt beziehungsweise eine solche widerrufen, kann davon ausgegangen werden, dass ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band zwischen Pflegeperson und Kind nicht beziehungsweise nicht mehr vorliegt.

Tipp: Endet die Pflegeerlaubnis nur deshalb, weil das Pflegekind eine bestimmte Altersgrenze erreicht (zum Beispiel Vollendung des 18. Lebensjahres), ist dies allein kein Grund anzunehmen, dass ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band zwischen Pflegeperson und Kind nicht mehr vorliegt.

Ein Altersunterschied wie zwischen Eltern und leiblichen Kindern ist nicht erforderlich

Ein Pflegekindschaftsverhältnis kann daher auch zwischen Geschwistern, zum Beispiel Waisen, gegeben sein. Das Gleiche gilt ohne Rücksicht auf einen Altersunterschied, wenn der zu betreuende Geschwisterteil von Kind an wegen Behinderung pflegebedürftig war und der betreuende Teil die Stelle der Eltern, etwa nach deren Tod, einnimmt. Ist der zu betreuende Geschwisterteil dagegen erst nach Eintritt der Volljährigkeit pflegebedürftig geworden, so wird im Allgemeinen ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Pflegeverhältnis nicht mehr begründet werden können.

Werden von einer Pflegeperson bis zu sechs Kinder in ihren Haushalt aufgenommen, ist davon auszugehen, dass die Haushaltsaufnahme nicht zu Erwerbszwecken erfolgt. Keine Pflegekinder sind dabei so genannte Kostkinder. Hat die Pflegeperson mehr als sechs Kinder in ihren Haushalt aufgenommen, spricht eine Vermutung dafür, dass es sich um Kostkinder handelt.

In einem erwerbsmäßig betriebenen Heim (Kinderhaus) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform untergebrachte Kinder sind keine Pflegekinder.

Die sozialrechtliche Einordnung hat Tatbestandswirkung. Das heißt, sie ist ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung zukommt.

Fehlendes Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern

Ein Pflegekindschaftsverhältnis setzt zudem voraus, dass ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht.

Ob ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern noch besteht, hängt vom Einzelfall ab und ist insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Kindes, der Anzahl und der Dauer der Besuche der leiblichen Eltern bei dem Kind sowie der Frage zu beurteilen, ob und inwieweit vor der Trennung bereits ein Obhuts- und Pflegeverhältnis des Kindes zu den leiblichen Eltern bestanden hat.

Ein Pflegekindschaftsverhältnis liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht vor, wenn die Pflegeperson nicht nur mit dem Kind, sondern auch mit einem leiblichen Elternteil des Kindes in häuslicher Gemeinschaft lebt, und zwar selbst dann nicht, wenn dieser Elternteil durch eine Schul- oder Berufsausbildung in der Obhut und Pflege des Kindes beeinträchtigt ist.

Ein zwischen einem allein erziehenden Elternteil und seinem leiblichen Kind im Kleinkindalter begründetes Obhuts- und Pflegeverhältnis wird durch die vorübergehende Abwesenheit des Elternteils nicht unterbrochen.

Tipp: Die Auflösung des Obhuts- und Pflegeverhältnisses des Kindes zu den leiblichen Eltern kann in der Regel angenommen werden, wenn ein noch nicht schulpflichtiges Kind mindestens ein Jahr lang beziehungsweise ein noch schulpflichtiges Kind über zwei Jahre und länger keine ausreichenden Kontakte mehr zu den leiblichen Eltern hat. Das Pflegekindschaftsverhältnis besteht dann nicht erst nach Ablauf dieses Zeitraums, sondern ab Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegeperson und Bestehen des familienähnlichen, auf längere Dauer berechneten Bandes.

Diese Grundsätze gelten auch für Prognoseentscheidungen

Die Prognoseentscheidung basiert auf der Bewertung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den abstammungsrechtlich zugeordneten Eltern besteht.

Kein ausreichendes Obhuts- und Pflegeverhältnis liegt beispielsweise vor, wenn:

  • ein Pflegekind von seinen leiblichen Eltern nur gelegentlich im Haushalt der Pflegeperson besucht wird beziehungsweise wenn es seine leiblichen Eltern ebenfalls nur gelegentlich besucht,
  • Besuche der leiblichen Eltern allein dem Zweck dienen, die vom Gericht oder Jugendamt festgelegten Besuchszeiten einzuhalten, oder
  • die Kontakte mit den leiblichen Eltern nicht geeignet sind, einen Beitrag für die Pflege und Obhut des Kindes zu leisten und Obhut und Pflege also im Wesentlichen durch die Pflegeperson erbracht werden.

Tipp: Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen kann das fehlende Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern unterstellt werden. Als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling gilt ein minderjähriges Kind, das ohne Begleitung eines nach dem Gesetz oder der Praxis des betreffenden Staates für das Kind verantwortlichen Erwachsenen geflüchtet ist.